Die meisten Blogleser wissen bereits was Isi und ich gerade machen. Aber lasst uns mal die Fantasie anstrengen. Wie wäre es wenn… du dein eigenes Bier braust, deinen Kaffee selbst röstest, deinen Käse und dein Brot selbst herstellst? Wie wäre es, wenn du das alles in deiner eigenen Bar verkaufen könntest? In einer Bar mit Kühlschränken aus den 60ern, einer Inneneinrichtung wie aus dem Flohmarkt, mit alten Krempel (den manche für Kunst halten) an den Wänden, in einem Gebäude in dem langsam der Putz von den Wänden blättert und dabei eine ganz eigene Patina entwickelt? Diese Bar müsste an einem besonderen Ort stehen. Vielleicht etwas abseits, ein Geheimtipp. So geheim, dass selbst die Einheimischen nur durch Zufall oder aus besonderem Anlass bei dir vorbei kommen. So abseits, dass du Nachts die Milchstraße über deiner Bar sehen kannst. So abseits, dass außerhalb der Saison nur eine handvoll Gäste pro Tag kommen und du dein Leben genießen kannst. Klingt fantastisch? Ist es auch! Mach die Augen zu und stelle dir deine Bar vor. Wenn du genug fantasiert hast (und erst dann), schau dir die Fotos unsere letzten vier Wochen in diesem Post an.
Unsere Bar heißt ¨Brewery & Two Goats Deli¨. Sie steht in Nieu Bethesda. Ein Ort den man nicht kennen muss. Eigentlich existiert er nur auf der Landkarte weil es hier das ominöse Owl House gibt. Das Owl House ist das Lebenswerk einer eigenbrödlerischen Dame, die dort sehr zurückgezogen lebte bis sie sich auf skurile Weise das Leben nahm. Hat sie sich vergiftet, hat sie Glas gegessen? Die Geschichten im hießigen Pub verlaufen nicht immer gleich. Jedenfalls ist das Owl House ihr ehemaliges Wohnhaus, das auch heute noch einen Einblick in ihre wirre Psyche geben soll. Vollgestopft mit (Überraschung) Skulpturen von Eulen und ausgestattet mit verschieden farbenen Fenstern macht es schon von Außen einen verrückten Eindruck.
Dank dieser andersartigen Attraktion kommen Touristen nach Nieu Bethesda und eben auch in unsere Bar. Eigentlich ist es Andres Bar. Er hat sie vor etwa 14 Jahren mit seiner Familie aufgebaut und betreibt sie jetzt das ganze Jahr mit der Unterstützung von Freiwilligen, die ihm bei der Herstellung der Lebensmittel, dem Ausbau der Bar und allerlei sonstigen Arbeiten helfen.
Er sucht seine Freiwilligen im Internet. Quasi auf ¨Datingplattformen¨ für Freiwilligenarbeit und so sind auch wir hier gelandet. Ursprünlich war Andre Prof an einer Uni und hat Geologie und Business gelehrt. Irgendwann wurde es ihm zu blöd und er hat sein Ferienhaus zu seinem neuen Zuhause gemacht. Seitdem wächst das Unternehmen, zu dem neben der Bar, eine Herde Kühe, Schafe und Ziegen, ein paar Schweine, vier Hunde und bald auch noch eine Backpacker-Unterkunft gehören.
Wir arbeiten hier im Team mit anderen Volunteers zusammen. Meistens von 8-17 Uhr. Danach kochen wir zusammen, chillen vor dem Kamin in der Bar oder spielen mit den Kids, denn gerade sind Winterferien. Manchmal machen wir gemeinsam Ausflüge, Gamedrives, Wanderungen usw. Es ist ein bisschen wie ein Feriencamp für Erwachsene oder besser: ein Traum für ewige Kinder. Mit der kleinen Ausnahme das wir wirklich arbeiten (auch wenn es sich selten so anfühlt).
Warnung: Ein paar der folgenden Fotos sind nicht für Kinder oder Vegetarier geeignet!
Links die Bar, geradeaus unsere Spielwiese, rechts Andres Wohnhaus.
That´s where the magic happens. Wir brauen drei Ales. Karoo Ale (helles, mildes), ein Honey Ale (mit Honig gesüßt) und ein Roasted Ale (dunkel, herb, etwas bitter mit Kaffeenote).
Hier blubbert der ¨Wort¨ vor sich hin. So heißt die Biermischung (bestehend aus Wasser, Hopfen, Malz und ggf. Zucker) im Kochtopf bevor sie in Fässer denkantiert und mit Hefe versetzt wird.
Das Bier wird nach 5-7 Tagen in ein neues Fass dekantiert, um es von der überschüssigen Hefe zu trennen. Im zweiten Fass bleibt es etwa 2-3 Tage bevor es in Fässer oder Flaschen gefüllt wird.
Das Bier verkaufen wir auch als Takeaway.
Bevor das Bier abgefüllt wird, müssen die Flaschen geputzt werden. Danach wird sterilisiert, befüllt, verschlossen, gelabelt und nochmal geputzt. Alles echte Handarbeit.
Das Honey Ale fließt vom Zapfhahn in die Flasche.
Der Honig kommt aus Eigenproduktion. Hier seht ihr Ian (ein Volunteer aus England) und Vai (der Mann für alle Fälle) bei der Bienenfütterung.
Nach geglückter Bienenfütterung ist das Adrenalin am brodeln. Die Tierchen bekommen hier jeden morgen eine Zuckerlösung, da es im afrikanischen Winter in der Karoo sogut wie keine andere Nahrung gibt.
Füttere gerade meine liebgewonnenen Schweinchen. Neben Chip und Chap, gibt es Daisy (eigentlich ein Kerl) und Diva (eine sehr gesprächige Dame).
Das ist Daisy. Sie weiß noch nicht, dass sie nur noch wenige Wochen zu leben hat. Bald wird sie leckeren Speck für die Frühstückseier hergeben.
Isi auf der morgenlichen Suche nach frischen Eiern.
Das Nachtquartier unserer Herdentiere. Die Kühe, Ziegen und Schafe werden jeden Morgen von Hirtenjungen in die Berge und Abends wieder in das Nachtquartier getrieben.
Auch das Leben eines Schafs muss mal zu Ende gehen. Hier konnte ich endlich meine hart erworbenen Fähigkeiten beim Zerwirken einsetzen und ein bisschen Praxis üben. Merke: Das Schaf hat Unmengen mehr Fett als Rehwild aus dem heimischen Wald.
Schafskopf mit Körpertemperatur ohne Körper.
Schafskopf mit erhöhter Körpertemperatur (immer noch ohne Körper).
Einen Tag gut abhängen und dann wird portioniert.
Zwischendurch eine Schaukel aufhängen.
Oder eine Ladung Kaffee rösten. Wir verkaufen drei verschiedene Röstungen. Karoo Blend ist medium dunkel, Breakfast Blend etwas heller und Insomnia die dunkle Seele Afrikas. Ich röste meist mit einem Sample aus vorangegangenen Röstungen und vergleiche die Färbung der Bohnen. Mit der Zeit erkennt man auch die unterschiedlichen Geräusche aus dem Röster und die Veränderung des Geruchs, den die gerösteten Bohnen verströmen.
Von meinen ersten Röstungen habe ich natürlich ein paar Pakete aufgehoben. Die schicken wir bald an vertrauensvolle Koster.
Pausen haben wir uns auch verdient. Zwischendurch waren Andre und Familie mal für eine Woche im Urlaub. Da haben wir den Laden alleine geschmissen. Inkl. Brauen, Rösten & Co. Von links nach rechts: Christina (Österreich), Fenky (Local), Sophie (local), Isi, Ian (England), Nils. Leider nicht im Bild sondern hinter der Kamera: Kristina aus England.
Zusammen mit Andre auf einen Sundowner. So sieht es rund um unser Kaff 50km in alle Richtungen aus.
An Kristinas und Ians letztem Tag haben wir eine kleine Wanderung durch die umliegenden Canyons gemacht. Wir hoffen, dass wir die beiden in Namibia wieder sehen und wir nochmal ein paar Wochen zusammen verbringen können.
Manchmal schlägt das Imperium zurück. Ich geriet mit einem Imperium aus Holz aneinander. Jetzt ist es auseinander.
Streichen mit europäischen Billiglöhnern.
Das wird das neue Backpackers von Andre. Eröffnung vielleicht im September 2014, vielleicht auch wann anders.
Isi kurz vor Arbeitsbeginn. Wir starten hier so gegen kurz nach Acht. Das europäische Team ist voll eingespielt und schnurrt wie ein Uhrwerk – wenn wir aufgestanden sind. Danach gibts exzellenten Kaffee oder Cappuchino, dann wird das Restaurant startklar gemacht. Isi beginnt den morgen meistens mit der Käseproduktion und ich verschwinde in der Brauerei.
Vier Sterne in der Karoo. Ein Bett, ein Schrank und eine Tischtennisplatte. Das ist mehr als manch Einheimischer hat…
Wir können von Andres Familie eigentlich alles mitbenutzen.
Das ist Dusty. Nur noch drei Beine, aber eine gute Seele und ein Kämpferherz. Sie wil auf jedem Spaziergang mit dabei sein.
Das ist Jack der alte Schwerenöter. Ein smarter Kerl. So smart, das man ihm die Hütehundeausbildung erspart hat und er jetzt als Deckhund die Umgebung bearbeitet. Nein im Ernst. Ich glaube er verarscht uns alle. Fängt besser Frisbee als Isi 🙂
Gut gelaunte Gäste haben wir auch.
Liegt es an dem erstklassigen Service, dem Bier oder der Käseplatte, die wir als einzige Mahlzeit servieren? Die Käseplatte enthält Kudusalami, Cheddar mit Oliven, Cheddar mit Brennesseln, Plain Cheddar, Ziegenkäse mit Chili, Ziegenkäse mit Pfeffer, Ziegenkäse mit Oliven und Honig. Als Beilage kredenzen wir rote Beete, Gurken, Oliven+Feta. Dazu hausgemachtes Brot mit Rosmarin und Butter. Guten Appetit!
Toll. gefällt mir!!! – Wäre ich 20 Jahre jünger, ich wäre sofort weg und dabei. Da weiß man was man Abends gemacht hat!
Vermisse den Bericht über die „Käseproduktion von Isa. Kommt noch oder?
Weiterhin viel Spaß
P.S.
Super Fotos!!!
Eine andere Welt. Leider nicht mein Klima, nicht meine Uhrzeit zum Arbeiten und nicht mein Schafkopf… Aber ich beneide euch echt! Viel Spaß noch da unten! Das Bier sieht lecker aus. Was sind denn diese Gaming Touren oder so???
Liebe Grüße auch von Theresa! Alles Gute aus Frankfurt für euch! Greetz, Lohbi
PS: Sind meine Glückwünsche zum Geburtstag überhaupt angekommen?
Liebe Grüße zurück. Gamedrive nennt man hier Ausfahrten in ein Naturschutzgebiet oder einen Nationalpark um Tiere zu beobachten.
Das hört sich alles einfach nur beneidenswert an. Ich bin begeistert.
Lieber Nils
hier ist die Verwandschaft, die Du nicht so gut kennst. Wir waren gestern in Ramstein, um den Geburtstag Deines
Opas zu feiern. Hierbei hat mir Deine Mama diese Adresse gegeben. Ich habe es mit großem Interesse gelesen!
Wir wünschen euch weiterhin alles Liebe, ich werde es weiter verfolgen.
Liebe Grüße, Rolf und Dine (geb.Janzer, die Cousine Deines Opas)
Danke für die lieben Grüße. Natürlich wissen wir wer ihr seid und es freut uns, dass ihr hier ein bisschen an unserer Reise teilhaben könnt:)
Hallo Isa,
hallo Nils,
schöne Aufnahmen, lebendige Berichte aus den Nirgendwo.
Jäger, Sammler, Bauer, Kultivierer – von 0 auf 100 bzw. vom Computer an die Ziegen, Schafe und Schweinchen. Ihr macht das super!
Liebe Grüße von Jeromine + Chris, Constantin und Astrid
Mensch Isa,
endlich mal ne Maschine die nicht tiefer gelegt werden muss!
Der Bock dürfte sogar noch nen Tick höher sein – sonst schleifst Du in der Kurve ja gleich mit dem Knie auf dem Boden :-))
Weiter viel Spaß
Mutti
Na siehste, das hat man nun davon.
Ja, ja. die lieben Lästermäuler……..ich sag jetzt besser nichts……..aber irgendwie hat sie ja Recht. ….:-)
Papa